Matthias Quad war offenbar ein historisch-geographische Schriftsteller und Kupferstecher des 16. Jahrhunderts. Geboren in den Niederlanden, später in der Pfalz gelebt, widmete er sich der Herstellung eines Atlas, bei dem der Text auf den Rückseiten der Karten gedruckt wurde.
Heute liegt der David Rumsey Collection die 4. Ausgabe seines Faksimile Theatum Orbis Terrarum (übersetzt: Welttheater) vor, was auch als Geographisches Handbuch bezeichnet wird / Köln, 1600. Eine der Karten mit dem Titel Novi orbis pars borealis, America (Neue Karte von Nordamerika) zeigt zahlreiche Einträge von Städten mit Türmen und festen Häusern im an und für sich noch völlig unerschlossenen Landstrich, der angeblich erst knapp 100 Jahre zuvor von Europäern "entdeckt" wurde.
Quelle Kartenausschnitt und Gesamtkarte der David Rumsey Collection >> Link <<, es lohnt sich für Interessierte, diese Karte einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Jetzt mag man der Auffassung sein, dass es sich hier entweder um Irrtümer oder wilde Phantasien gehandelt haben muss. Die Einträge wirken jedoch recht detailgetreu. Ein See mit der Bezeichnung Lago de Conibas, auf dem sogar ein Ort (als Insel?) bezeichnet ist, lässt sich heute zwar auf unserer aktuellen Weltkarte nicht direkt orten – doch sollte man das bei den Ausmaßen dieses Kontinentabschnitts auch recht gnädig sein. Vermessungstechnisch dürfte hierfür kaum das Equipment vorhanden gewesen sein, um die Lokalisierung zweifelsfrei festzuschreiben. Zudem soll sich Quad auf die Arbeiten von de Jode bezogen haben, einem älteren Kartographen aus Njimwegen. De Jode selbst soll sich wiederum auf Informationen niederländischer Wandkarten des späten 16. Jahrhunderts gestützt haben. Das rückt aus meiner Sicht die Datierung der Städte/Ortschaften noch weiter in die Vergangenheit …
De Jode war der erste, der sowohl John White als auch Jacques le Moynes Ostküsten-Kartographie nutzte, obwohl er sie ungenau platzierte. Quad setzt diese Fehler natürlich fort, z. B. die Nomenklatur von Virginia zu weit im Norden zu platzieren. Ein langer enger Wasserweg im Norden soll die Nordwestpassage sein; der Lago de Conibas ist ebenfalls ausgewiesen. Einige Namen wurden überraschend weggelassen, insbesondere Bermudas, St. Augustinus, Roanoke und Chesapeake. Westlich von Florida ist eine seltsame "zweite" Halbinsel zu sehen, die eine frühe Darstellung des Mississippi-Deltas sein könnte.
Seltsamerweise sind hier die Michigan-Seen nicht verzeichnet, es sei denn, man interpretiert den Atlantikzugang im Bereich FRANCIA als Zulauf für die Seen.
Was aber erstaunlich ist – selbst in den abgelegenen Bereichen Alaskas und Kanadas finden sich Ortschaften und Ortsbezeichnungen. Es ist kaum zu glauben, dass es sich um die ersten gegründeten Städte europäischer Siedler gehandelt haben soll. Und wie sieht es mit den Ureinwohnern aus?
Betrachtet man die Karte von Urbano Monte (1544-1613), erkennt man, dass auch hier bereits Städte in der amerikanischen "Wildnis" verortet wurden (Bildausschnitt und Bildquelle s. >> Link <<)
Offenbar hat Monte bei seinen Piktogrammen zwischen Biwak-ähnlichen Lagern und fest gemauerten Städten unterschieden. Ich finde solche Details recht interessant. Immerhin wäre es ja außergewöhnlich bis revolutionär, wenn hier bereits tatsächlich gemauerte Städte vorhanden gewesen wären. Wie würde so etwas in unser Geschichtsbild passen? Vielleicht wurde ja zwischen Zeltstädten und gemauerten Städten unterschieden?
Es gibt noch weitere Karten, die eine markante Städtesymbolik aufweisen, wie zum Beispiel eine von Giovanni Antonio Magini aus dem Jahr 1597, die den Bereich Florida (einschl. Kuba und den Bahamas) bis nördlich der Appalachen abbildet. Auch hier sind bereits überall Städte verzeichnet.
Quelle de Magini-Karte aus der David Rumsey Collection: >> Link <<
Etwas weniger ausführlich als Quad verhält es sich bei der Darstellung der Orte auf der Mercator-Karte von 1607. Diese Karte erstreckt sich über Nord-/Südamerika. Auffällig dicht besiedelt wirkt hier bereits der Südkontinent. Er sieht nach 100 Jahren so gut wie völlig erschlossen aus, was mir persönlich bereits merkwürdig vorkommt. Übereinstimmungen der Ortsbezeichnungen im nördlichen Teil Amerikas mit der Quad-Karte sind mir hier so gut wie keine aufgefallen.
Amerika, 1607 von Gerhard Mercator (1512-1594). Da Mercator früher gelebt hat als die Karte letztlich offenbar erschienen ist, ist die Vielzahl der Orte schon recht auffällig. Auch hier fehlen die großen Seen Nordamerikas, jedoch ohnehin auch die weiteren Details der oberen Kontinenthälfte. Karte aus der David Rumsey Collection: >> Link <<
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