Die Stadt und der Hafen von St. John's (Neufundland) von 1831 – Bei genauerer Betrachtung erkennt man interessante Häuserstrukturen, die älter zu sein scheinen und die eventuell auch nicht aus Holz gebaut wurden. Entgegen der Schilderungen sieht man hier bis auf die Bebauungs-Situation am Hafenkai hangaufwärts keine auffällig dichte Bebauung. (Bildquelle) Der Bau der Basilika von St. John's ist erst 1839 in Angriff genommen worden, darum hier noch nicht im Bild.
Eine Stadt in Neufundland, die als eine der ältesten europäischen Städte Nordamerikas gilt, liegt gleichzeitig auch so weit nördlich, dass die Nachttemperaturen im Winter kaum höher als 22 Grad unter Null liegen. Die Rede ist von St. John's, die heute etwa 110.000 Einwohner hat und auf eine seltsame Vergangenheit zurückblickt. Die mittelgroße Provinzstadt ist neben den eher kälteren Temperaturen in seiner exponierten Insellage buchstäblich vom Meer umringt.
Das allerdings scheint sie im vorvergangenen Jahrhundert nicht davor geschützt zu haben, gleich zahlreiche Male hintereinander abzubrennen. Jeder mag sich seinen Teil denken, wenn er sich objektiv die Chronologie der Ereignisse und deren Häufigkeit einmal etwas näher ansieht.
Am 12. Februar 1816, gegen acht Uhr, brach ein Feuer in einem Haus in einem Teil der Stadt (in St. John's in Neufundland) aus, das unter dem Namen King's Beach bekannt ist, griff schnell auf die angrenzenden Häuser über und verbrannte mit so großer Gewalt, dass einhundertzwanzig Häuser von etwa tausend Männern, Frauen und Kindern zerstört wurden, bevor der Brand aufgehalten werden konnte. So war im Herzen der kalten Jahreszeit, in einem sprichwörtlich kalten Land (die gesamte Küste war damals mit Eis blockiert), diese Menge von Menschen, abgesehen vom Verlust fast ihres gesamten Besitzes, mittel- und obdachlos, angewiesen auf Wohltätigkeitsorganisationen. Glücklicherweise wurde verhindert, dass das Feuer ernsthaft auf die Südseite der Water Street übergriff, wo alle Geschäfte lagen. … Zu den zerstörten Gebäuden gehörten die beiden Druckereien und die neu errichtete Wesleyan-Kapelle. Das Zollhaus stand einige Zeit in Flammen, wurde aber glücklicherweise vor vielen Schäden bewahrt. Der gesamte erlittene Verlust wurde auf mehr als hunderttausend Pfund geschätzt. Es ist schmerzhaft, den folgenden Auszug aus dem Schreiben zu zitieren, das einen Bericht über dieses katastrophale Ereignis enthält, aber es weist auf eine Tatsache hin, die zu häufig bei ähnlichen Gelegenheiten unter den niedrigsten Ordnungen des Kapitals veranschaulicht wurde.
„Inmitten dieser schrecklichen Verwirrung, die bei solchen Gelegenheiten so unvermeidlich ist, waren die Menschen mehr darauf bedacht, die unglücklichen Betroffenen zu plündern, als ihnen Hilfe und Unterstützung bei der Erhaltung von Eigentum oder dem Aussterben der Flammen zu gewähren, von denen einige seither für Straftaten dieser Art vor Gericht gestellt, verurteilt und öffentlich bestraft wurden. …"
Quelle: The History of Newfoundland von Charles Pedley (1863)
OK, mir erscheint es schon ein wenig seltsam, dass bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ein solches Feuer ausbrechen konnte. 121 Häuser waren zu diesem Zeitpunkt bestimmt schon eine recht große Menge. Lewis Amadeus Anspach konkretisierte 1819, dass zu gleicher Zeit noch ein "… gewaltiger Sturm aus dem Südosten wehte." Die Bevölkerung indes stand "mit verschränkten Armen" und "mit einer für den menschlichen Charakter schändlichen Apathie" vor dem Brand und konzentrierte sich auf die Plünderung. Anspach spricht von 1.500 Obdachlosen und führt weiter an: "Die Geschwindigkeit, mit der die Häuser (vom Feuer) verschlungen wurden, ist fast unvorstellbar. Viele ihrer Bewohner hatten kaum Zeit, sich etwas überzuziehen und flüchteten lediglich mit einem Laken."
Quelle: Eine Geschichte der Insel Neufundland von Lewis Amadeus Anspach (1819)
Mir persönlich erscheint das schon recht seltsam, dass es so ungehindert zu einem Flächenbrand kam, denn Anspach spricht auch von "Barrieren aus Eis und Schnee" zu dieser Jahreszeit, was mich nicht weiter wundert.
Er versäumt es nicht zu erwähnen, dass ein Großteil der Häuser aus Holz gebaut war, aber auch hier stellt sich mir die Frage, wie ein Feuer sich so ungehindert trotz Sturm und Schnee ausbreiten kann? Das Holz musste doch auch recht feucht gewesen sein. Im „The Scots Magazine and Edinburgh Literary Miscellany“, Band 78,Teil 1, heisst es dagegen nur: "Gelegentliche Schnee- und Regenschauer, die während des Brandes fielen, verzögerten den Fortschritt der Flammen etwas." Seltsamerweise verhinderten diese aber den Brand nicht. Angeblich soll der Sturm das Feuer stattdessen vor sich hergetrieben haben.
Bei insgesamt damals 12.000 Einwohnern handelte es sich bei einer Zahl von 1.500 Obdachlosen um eine recht hohe Quote. Lediglich einer ist den Flammen zum Opfer gefallen, der Rest der Obdachlosen fand Unterschlupf bei der Marine im Hafen, teilweise direkt auf den Schiffen.
Die Marine scheint zu diesem Zeitpunkt ohnehin massiv präsent gewesen zu sein. Die Berichterstattung ist sich darüber einig, dass die Bevölkerung teilnahmslos zugesehen habe und sich aufgeführt habe, wie "monsters in human shape".
Die Sache liegt weit zurück, möglicherweise darf man da nicht viel hinein interpretieren. Allerdings folgten auch schon bald die nächsten Brände.
7. November 1817: Ein zweiter Brand zerstört 260 Gebäude, wodurch 25% der 8.000 Einwohner von St. John's obdachlos wurden; dieser war angeblich auch als "Winter of the Ralls" [ … der Rowdies] bekannt, berüchtigt für Vandalismus- und Selbstjustiz-Komitees, da die "niedrigeren Stände" ("Lower Orders") um ihr Überleben kämpften; "Lower Orders" sollen größtenteils römisch-katholische irische Neuankömmlinge gewesen sein; Der "Winter of Ralls" zeichnete sich angeblich durch den Konflikt zwischen englischen Protestanten und irischen Katholiken in ganz Neufundland aus.
Wie dieser zweite Brand jedoch entfacht wurde, ist zumindest öffentlich nicht bekannt.
21. November 1817: kurze Zeit später, erfasste ein weiterer Brand erneut einen Teil der Stadt. Nebenbei bemerkt soll es sich um den kältesten Winter überhaupt gehandelt haben (1817/1818). Das scheint dem Feuer keinen Abbruch getan zu haben.
Es gibt offenbar einen detaillierten Bericht über ein Feuer, das am 19. Juli 1819 in St. John's ausgebrochen ist. Eine Reihe von Gebäuden auf der einen Seite der Water Street wurden zerstört, darunter alle, die Thomas Williams und den Herren Thomas Meagher & Co. gehörten .... Die Windverhältnisse beschleunigten den Verlauf des Brandes auf der Straße und hinüber zur Duckworth Street. Es wurde an der gleichen Stelle gestoppt, an der das Feuer vom 21. November 1817 gestoppt wurde. Die Feuersbrunst wurde gelöscht, aber es wurde großer Schaden angerichtet. Zitat: "120 Wohnhäuser, Lagerhäuser und Werften, die vollständig aus Holz bestehen und hauptsächlich Trockenprodukte enthalten, wurden in etwas mehr als drei Stunden vollständig zerstört."… Angeblich erfolgte daraufhin die Übermittlung einer Petition eines Einwohnerausschusses zur Verabschiedung eines Gesetzes über die Sicherheit der Einwohner vor Feuer.
Offenbar hatte man die Bevölkerungssicherheit weniger im Blick als die Sicherung der Waffen. Der Vorstand ist der Ansicht, dass das Waffenlager in St. John's besser vor zukünftigen Brandunfällen geschützt wäre, wenn „die Abteilung, die über den Bodenbereich verfügt, der sich an den Waffenhof anschließt, auf dem ein Haus kürzlich verbrannt wurde“, dieses Stück Land gegen eines am King's Beach tauschen würde. Sie wollen, dass Bathurst diesen Austausch anordnet und damit die Gefahr aus den Ordnungsgebieten beseitigt.
Quelle >> Link
Am 9. Juni 1846 soll ein Tischler im Herzen der Stadt um 8:30 Uhr einen Topf mit Klebstoff auf einem Herd erhitzt und zum Überkochen gebracht haben, was anschließend den Brand deines Großteils der Stadt verursacht haben soll. Der Feueralarm wurde sofort ausgelöst, aber es dauerte ganze 20 Minuten, bis die Feuerwehrfahrzeuge ankamen. Als die Feuerwehrleute zum Tatort kamen, konnten sie aus Wassermangel nicht handeln. Dasselbe Muster wird uns 1892 nochmals begegnen.
Hier ein Beispiel, wie sich lt. Beschreibung das Feuer den Weg suchte und seine Auswahl traf: "Am Ende vernichtete das Feuer alle öffentlichen, religiösen und kommerziellen Gebäude auf seinem Weg. Obwohl eine römisch-katholische Kirche, die sich auf der Rückseite der Nordseite der Duckworth Street befindet, nach vielen Schwierigkeiten erhalten blieb, hatte die nahe gelegene Church of England Cathedral weniger Glück. So befand sich auch der Kerker auf der gleichen Seite dieser Straße. Tatsächlich sprangen die Flammen dieses Gebäudes über die Straße und entzündeten mehrere Handels- und Rechtsräume aus Stein- und Ziegelbau. Unter den hier zerstörten Gebäuden befand sich auch die Steinresidenz von Robert Prowse, das bedeutendste Privathaus der Stadt. Von der Duckworth Street aus verzweigte sich das Feuer nach Norden entlang der King's Road und verbrannte alle Rahmenwohnungen und Häuser entlang der Straße. Im Norden wurde jedoch das Government House gerettet."
"Bis 19:00 Uhr, als das Feuer endlich seinen Lauf genommen hatte, waren über 2.000 Gebäude niedergebrannt und etwa 12.000 Menschen, also 57 Prozent der Gesamtbevölkerung der Stadt, obdachlos."
Daraufhin sollen vor dem Wiederaufbau Brandschutzmaßnahmen veranlasst worden sein – ebenso die Auflage, in bestimmten Stadtteilen lediglich Steinhäuser zu errichten (was den Ziegelgebäuden s.o. allerdings beim Brand offenbar auch nicht geholfen hatte).
Wenn ich mir die obere Zeichnung von 1831 anschaue, frage ich mich, wieviele Häuser in 15 Jahren dazu gekommen sein müssen, damit davon 2.000 Stück 1846 abbrennen konnten. Demnach müssten ja ca. 4.000 Häuser dort gestanden haben, als der Brand aufkam. Die Zeichnung von 1831 gibt jedenfalls maximal 200 Häuser her, wenn der Künstler genau gezeichnet hat. Aber das nur am Rande …
Am 8. Juli 1892 bereitete ein Feuer, wenn es denn eines war, ganze Arbeit. Offiziell heisst es:
"Am späten Nachmittag brach in einem Stall in St. John's ein kleines Feuer aus, nachdem eine brennende Pfeife oder ein Streichholz in ein Bündel Heu fiel. Obwohl zunächst einzudämmen, verbreiteten sich die Flammen schnell durch trockenes Wetter, eine unorganisierte Feuerwehr und schlechte Planung der Stadtbehörden. Innerhalb weniger Stunden hatte das Feuer fast das gesamte St. John's zerstört, 11.000 Menschen zu Obdachlosen gemacht und 13 Millionen Dollar Sachschaden verursacht.
Mit seiner Hauptstadt und seinem zerstörten Handelszentrum erlebte ganz Neufundland und Labrador einen plötzlichen wirtschaftlichen Abschwung. Der Wiederaufbau dominierte die Monate nach dem Brand und kostete die Regierung mehr als 300.000 Dollar. Ein lokales Hilfskomitee verteilte Kleidung, Lebensmittel und andere Güter an die Obdachlosen, während ein großer Zufluss an Auslandshilfe der Stadt half, ihre Verluste wieder gutzumachen. Das Feuer veranlasste die Regierungsbeamten, die Feuerwehren der Stadt umzustrukturieren und die Feuerwehrleute mit besserer Ausbildung und Ausrüstung auszustatten."
Ist dies das Ergebnis eines lodernden Brandes? St. John's, Newfoundland after the Great Fire of 1892 (Wikimedia Commons; >> Link); Mag sein, es liegt aber auch viel Schutt herum, der von zusammengestürzten Wänden stammen könnte.
Hier wird es deutlicher: Im Vordergrund befindet sich ein nahezu restlos zusammengestürztes gemauertes Gebäude. Wäre nur der entflammbare Dachstuhl verbrannt, müssten die Seitenwände doch nahezu unversehrt bleiben. Man erkennt aber Berge von Ziegelschutt an den Seiten.
Foto: Wikimedia Commons; >> Link, Ich frage mich übrigens, was für ein Gestänge dort vorne im Bild ist? Es hängt quer und scheinbar haltlos in der Luft.
Das ist aber noch gar nichts. Schaut Euch bitte dieses Bild der Seite Heritage Newfundland & Labrador (>> Link) an:
St. John's, NL, nach dem Brand, 1892 – Man präsentiert uns folgende Bildunterschrift:
"Die Säuberung hatte bereits begonnen, als dieses Foto gemacht wurde, da Stapel von gesammelten Ziegelsteinen sichtbar sind, die zur Wiederverwendung bereit sind." Bildquelle: Courtesy of Archives and Special Collections, QEII Library (Coll. 137.05.01.008), Memorial University of Newfoundland, St. John's, NL.
Gewiss, man könnte daraus schließen, dass hier bereits Wände eingerissen wurden, um ganze Gebäude neu zu bauen. Aber war das damals wirklich so? Das Ganze sieht mir eher nach Sprengungen oder/und Abriss aus. Es erinnert mehr an Luftangriffe aus einem der Weltkriege als an unkontrollierte Brände.
" … Gegen 17 Uhr am Freitag, den 8. Juli 1892, erreichte die Nachricht die St. John's Central Fire Hall, dass ein Stall auf dem Gipfel des Carter's Hill in Brand stand. Das Anwesen gehörte zu Timothy Sole und lag in der Nähe der Ecke Freshwater und Pennywell Roads - einer erhöhten Lage in der Nähe des Stadtzentrums. Die Feuerwehrleute kamen 30 Minuten später am Tatort an, waren aber aufgrund von Wassermangel hilflos, den Brand einzudämmen. Obwohl sich nur wenige Meter vom Stall entfernt ein 113.650-Liter-Wassertank befand, war er fast leer, da die Feuerwehr nach einer Übung vergessen hatte, ihn nachzufüllen."
Quelle: Heritage Neufundland & Labrador, >> Link
Für mich persönlich klingt das, als wollte sich jemand über die künftigen Geschichtsinteressierten lustig machen. Kann so etwas tatsächlich nach so vielen Bränden wirklich sein, dass die ortsansässige Feuerwehr auf leere Wassertanks stößt – im Hochsommer, nach so vielen schlechten Erfahrungen und in einer Umgebung von grenzenlosen Wasserflächen? Das muss mir wirklich niemand weis machen … sorry.
Weiter heisst es: "Von der Solefarm aus fegte das Feuer den Carter's Hill hinunter und entlang der Freshwater Road, bis es sich an der Kreuzung von Harvey Road und Long's Hill in zwei Teile teilte. Der rasante (Brand-)Fortschritt alarmierte die Stadtbewohner, und um sechs Uhr begannen viele, ihre Wertsachen in der anglikanischen Kathedrale, der methodistischen Kirche Gower Street und anderen Stein- oder Ziegelbauten zu lagern, von denen sie glaubten, dass sie den Flammen standhalten könnten. Als das Feuer in die Innenstadt zog, entkernte es jedoch auch viele dieser Bauwerke; die anglikanische Kathedrale erlitt so viel Schaden, dass die Arbeiter mehr als 10 Jahre brauchten, um ihre Restaurierung abzuschließen."
Aber es kommt noch dicker: "Die Schiffe im Hafen segelten dagegen außerhalb der Reichweite der fortschreitenden Flammen, die schnell alle Kaianlagen und ihren Inhalt zerstörten." Hat man so etwas schon gehört? Ein Feuer zerstört Kaianlagen? Um was für eine Brunst muss es sich dabei gehandelt haben, dass sogar die Schiffe vor dem Feuer davon segelten … ?
Wikipedia beschreibt den 1892er Brand so: "Durch eine Reihe von katastrophalen Zufällen breitete sich das Feuer jedoch aus und verschlang praktisch das gesamte östliche Ende der Stadt, einschließlich eines Großteils des großen Gewerbegebiets, bevor es gelöscht wurde." Der angebliche Zeuge des Anfangsstadiums des Feuers Rev. Moses Harvey bemerkte …, dass es "ein schlechter Tag für ein Feuer war" (er meinte wohl eher "ein guter"). Ein starker Wind aus Nordwesten wehte und schleuderte die Funken weit und breit auf die Dächer der Holzhäuser. Vor einem Monat hatte es kaum geregnet, und die Schindeldächer waren trocken wie Zunder. " … Die Situation wurde durch die früher am Tag abgeschlossenen Arbeiten an der Wasserversorgung noch verschärft. … Ein angeblicher Zeuge WJ Kent stellte fest, dass der Wasserdruck zwei Stunden vor dem Brand um 15 Uhr nicht ausreichte, um Wasser in die oberen Teile der Stadt zu drängen, in denen der Brand ausbrach. „Sehr starker Westwind fachte das Feuer wütend an und begann sich schnell auszubreiten."
Also fassen wir einmal zusammen: An entscheidender Stelle gab es kein Wasser und an anderer Stelle reichte der Wasserdruck nicht … ? Was man zufälligerweise zwei Stunden vor dem Brand feststellte … ?
In epischer Ausdrucksweise berichteten angebliche Zeugen vom Niedergang der St. John the Baptist Cathedral: "Mit einem ängstlichen Ansturm ergriff das dämonische Feuer die zum Scheitern verurteilte Kathedrale, und sobald die Zunge es erahnen ließ, war ein Juwel gotischer Architektur das Meisterwerk von Sir Gilbert Scott und der Stolz eines jeden Neufundländer eine brodelnde Flammenmasse. Mit einem Krachen, das sogar über dem Lärm der Elemente zu hören war, stürzte das Dach ein, und das Ergebnis der jahrelangen Anstrengungen und Opfergaben von Tausenden verschwand in einer Rauch- und Staubwolke."
CBC schreibt: "Das Feuer von 1892 wird oft als das transformierende Ereignis in der Innenstadt von St. John's angesehen. Und obwohl es in vielerlei Hinsicht das Straßenbild verändert hat, ist das Feuer vielleicht nicht so wichtig, wie viele Menschen glauben."
Das hört sich für mich sehr nach Beschwichtigung und Vertuschung der Ereignisse an. Man spricht ja auch immer nur isoliert von einem Feuer, ohne das Ganze im Zusammenhang zu betrachten bzw. es betrachten zu wollen.
Blick vom Signal Hill auf die Stadt, St. John's, Neufundland, um 1900; Wikimedia Commons Link (auf der oberen Bergspitze die von allen Feuern bis heute unversehrte Basilika; der Bau ist auch erst aus der Mitte des 19. Jahrhunderts)
Wikimedia Commons: Die Basilika of St. John the Baptist, as viewed from The Battery in St. John's; Link
In einem weiteren Mainstream-Artikel bei CBC News von 2017 heisst es: "Die Tatsache, dass wir Straßen haben, die nicht eng und dicht beieinander liegen, wie man sie in europäischen Städten sehen würde, liegt daran, dass die Stadtplaner nach dem Brand in der Lage waren, einige der Straßen zu ebnen, sie zu erweitern und St. John's zu der Stadt zu machen, die sie heute ist." (Aussage des Historikers Dale Jarvis). Man wird in diesem Artikel nicht müde, diesen Aspekt zu betonen (>> Link).
Jarvis poltert und gab zu verstehen, dass die Überlastung der Häuser vor dem Brand von 1892 der Grund dafür war, dass die Verwüstung eine solche Dimension erreichte.
"Es hatte 1846 einen Brand gegeben, und es gab Empfehlungen, die besagen, dass wir die Häuser weiter auseinander bauen müssen, wir brauchen Feuerschneisen, die Straßen müssen eine Mindestbreite haben, und die Leute sagten: "Quatsch, wir werden nie ein großes Feuer haben, das spielt keine Rolle".
Ich persönlich kann mir kaum vorstellen, dass die Leute von damals so dämlich gewesen sind und so taten, als hätte es vorher noch nie Feuer in der Stadt gegeben – nach dem, was sie bereits erfahren hatten.
Für mich klingt das eher nach der bewussten Beseitigung einer alten Stadt, die unter keinen Umständen so bleiben durfte wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Eine solche Aneinanderreihung von Zufällen und Absurditäten ist für mich nicht mehr nachvollziehbar. Es wird schon seinen Grund haben, dass kaum jemand von den zahlreichen Feuersbrünsten von St. John's vor 1892 Notiz nimmt. Das Ganze gerät in Vergessenheit und es gibt kaum noch verlässliche objektive Quellen aus dieser Zeit. Stattdessen wird die letzte Feuersbrunst, wenn es denn überhaupt eine war, schon fast als Städtebaumaßnahme deklariert.
Interessant auch die Aussagen vermeintlicher Zeugen (Wikipedia), die eher nach "Terror" klingen, als nach einem Feuerinferno, dass sich zufällig entzündet hatte:
"Das Feuer brannte bis in die Nacht und in die frühen Morgenstunden weiter. Pfarrer Harveys Beschreibung der unruhigen Nacht besagt, dass "die von Terror geplagten Bewohner, die vor dem Zerstörer fliehen,.... die Schreie weinender Frauen, die mit ihren Kindern an Orte der Sicherheit eilen - allesamt eine Szene darstellten, die nicht einmal die Feder von Dante beschreiben konnte"
Ähnlich äußerte sich Kent über diese Nacht:
„Alle Schlagadern, die vom Wasser in die höheren Teile der Stadt führten, waren voll von dem terrorisierten Mob und den Schreien der Frauen, die sich mit dem Klagen von Kindern vermischten, den Schreien, die durch die immer erfrischenden Massen von bösartigem Feuer und den Schein der brennenden Gebäude verstärkt wurden, trugen dazu bei, eine Szene wie diese zu schaffen, von der nicht oft viele Zeugen Kenntnis haben....... Es gab nur wenige, die in dieser Nacht die Augen schlossen."
Weitere Aussagen dazu aus gleicher Quelle:
"Der Tagesanbruch am Morgen des 9. Juli 1892 zeigte das ganze Ausmaß der Verwüstung des Feuers. Kent beschrieb den Anblick der Anwohner, die die Trostlosigkeit sahen:
Als der Morgen anbrach, stiegen die dicken Rauchwolken noch immer aus den brennenden Ruinen auf, und es dauerte Stunden, bis sie sich ausreichend verzogen hatten, um einen Blick auf die Spur der trostlosen Geißel zu werfen. Ein Spaziergang durch die verlassenen Straßen zeigte, dass die Zerstörung noch vollständiger war, als es zunächst möglich schien. Von dem ganzen östlichen Abschnitt blieb kaum ein Gebäude übrig.... von den kostspieligen und imposanten Bauwerken und öffentlichen Gebäuden, die der Stolz und die Herrlichkeit des Volkes waren, blieb kaum ein Überrest übrig; und St. John's lag am Morgen als eine Stadt, die ihrer Schönheit beraubt wurde, ihren edelsten Schmuck, der ein Bild von völliger Trostlosigkeit und Weh...“
Rev. Harvey präsentiert eine ähnliche Beschreibung:
Am nächsten Morgen machte ich einen Spaziergang um die schreckliche Szene der Verwüstung. Es war herzzerreißend. Nichts ist eine Meile von Devon Row entfernt sichtbar, außer Schornsteinen und heruntergefallenen und wackeligen Mauern. Der dicke Rauch, aus den schwelenden Ruinen, erfüllte noch die Luft.... Die Wahrzeichen der Religion ragten heraus, dann zerbrochene Mauern, die himmelwärts zeigten, wie in traurigem Protest gegen die Schändung, die vorgenommen worden war.
Und die armen Bewohner, wo waren sie? Es ließ das Herz schmerzen, die Gruppen von Männern, Frauen und Kindern zu sehen, mit müden, blutunterlaufenen Augen und rauchüberströmten Gesichtern, die über ihren Möbel- und Kleidungsresten standen - einige von ihnen schliefen vor völliger Erschöpfung auf dem Boden - alle mit Niedergeschlagenheit auf ihren Gesichtern. Sie füllten den Park und das Gelände rund um die Stadt. Viele Hundert entkamen mit nichts als der Kleidung, die sie trugen.... Mindestens zwölftausend Menschen wurden obdachlos."
Quellen s. >> Link
Sprung in die heutige Zeit: Ein partielles Tonrohr, das in der Bucht von Bishop's Cove gefunden wurde, ist das älteste Bauteil, das während der Modernisierung des Kanalsystems gefunden wurde. Der ortsansässige Archäologe Temple glaubt, dass es aus dem späten 16. Jahrhundert stammt.
Das passt nicht so recht zur Überlieferung. In "The Newfoundland Museum: Ursprünge und Entwicklung", beschreibt John E. Maunder St. John's zu Beginn des 19. Jahrhunderts als "...ein rüpelhaftes, schmutziges und desorganisiertes kleines Fischerdorf und militärische Garnison von etwa 5000 Seelen.... eine literarische und kulturelle Wüste...".
Maunder fährt fort, dass die Gründung der ersten Zeitung von St. John's im Jahr 1807 das Interesse an Alphabetisierung und Bildung weckte. Er stellt fest, dass innerhalb der ersten drei Monate der Zeitung, Anzeigen für neue Schulen auf ihren Seiten erschienen.
Bis 1810 wurde ein weiteres Papier herausgebracht, und kurz darauf wurde die St. John's Subscription Library gegründet. Bis 1820 wurde die Abonnementbibliothek durch die neue Saint John's Library Society ersetzt, die in der Freimaurertaverne einen öffentlichen Leseraum anbot.
"Allmählich erkannten die Handwerker und die anderen Fachleute der schnell wachsenden Stadt die Vorteile der Gründung von "gelehrten Gesellschaften", in denen Ideen ausgetauscht, Wissen erworben und Bekanntschaften gemacht werden konnten", schrieb Maunder.
1851 entstand das St. John's Athenaeum aus dem Zusammenschluss von drei Gruppen, die sich auf den Aufbau der "gelehrten Gesellschaften" konzentrieren, die Maunder beschreibt: die Literaturgesellschaft und das wissenschaftliche Institut der jungen Männer, die St. John's Library and Reading Room und das Mechaniker-Institut.
Das Athenaeum war eine Kombination aus Bibliothek, Hörsaal und Museum. Wie die heutigen Bibliotheken war es ein wichtiges kulturelles und gemeinschaftliches Zentrum. Viele Dokumente weisen auf die physische Größe des Gebäudes hin, das sich an der Duckworth Street befand, wo später das Neufundland- und Labrador Provinzmuseum gebaut werden sollte.
Louise Whiteway beschreibt das Innere in ‚The Dalhousie Review’ mit den Worten: "Das Gebäude war im kunstvollen viktorianischen Stil und die Halle besonders prächtig. Die kuppelförmige Decke war in acht Paneelen angelegt, umgeben von bemalten Stuckleisten.... Shakespeare, Raphael, Sir Walter Scott und Edmund Burke waren größer als in natürlicher Größe bemalt. Der horizontale Teil der Decke war in Gold und Farben gehalten und von einem Kranz aus Rosen und Blättern umgeben."
Die Bibliothek besaß bei ihrer Eröffnung etwa 2500 Bücher, und die Sammlung wuchs schließlich auf etwa 6000 Bände an. Das Auditorium des Athenaeums bot Platz für 1000 Personen und präsentierte eine beliebte Vortragsreihe, die oft Chormusik nach einem Sprecher enthielt.
Neben einem Lesesaal und einer Vortragsreihe beherbergte das Athenaeum naturkundliche Ausstellungen. Laut Larry Doheys "Archival Moments" sorgte eine Ausstellung von 1886 mit einem Bullmoose-Schädel für eine Menge Aufregung in St. John's. Elche sind nicht heimisch in Neufundland. Sie wurden erst zehn Jahre später heimisch, als die Regierung zwei Exemplare aus Neuschottland importierte.
Dann kam es zu dem Brand 1892 und selbstverständlich fiel ihm auch das Athenaeum nebst Inhalt zum Opfer. Wie es der Zufall will, blieb die Union Bank nebenan als eines der wenigen Gebäude, vom Brand komplett verschont.
Bald nach dem Brand wurde ein weniger auffälliges Athenaeum gebaut und schnell mit gespendeten Büchern gefüllt, was die Leidenschaft der Stadt für den gemeinsamen Konsum von Kunst und Kultur demonstrierte. Ein Eifer, der im vergangenen Herbst wieder entfacht wurde, als unsere öffentlichen Bibliotheken von Schließungen bedroht wurden. (Hintergrund: An der anhaltenden Verblödung der dortigen Bevölkerung ist die Regierung offenbar auch heute noch sehr interessiert, zumal Brände nicht mehr so an der Tagesordnung sind. Im Herbst 2016 drohten Neufundland und die liberale Regierung Labradors, Dutzende von öffentlichen Bibliotheken der Provinz zu schließen. Die Bevölkerung entgegnete dem Vorhaben mit offenkundiger Empörung…)
Quellen: The Overcast; >> Link
In diesem Film sieht man hervorragend das alte Athenaeum, das sehr eng am rechten Bankgebäude stand. Letzteres blieb von den Flammen auf wundersame Weise komplett verschont.
Die Reihe der im 19. Jahrhundert gehäuften seltsamen Brandfälle, die vor allem (auch) zum Niedergang der alten Gebäude führten, weisen seltsame Wiederholungsmuster auf. Zudem sehen viele Gebäude eher mutwillig gebrandschatzt oder ausgebombt als zufällig zerstört aus. Welche Vorgänge dort tatsächlich stattfanden, dürfte weiterhin rätselhaft bleiben. Die Brandbeschreibungen und widrigen Umstände sowie die Häufigkeit dieser Brände innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums lenken aus meiner Sicht von den tatsächlichen Ereignissen ab.
Die National Post bringt es mit markanten Überschriften wie ‘Like an atomic bomb had gone off‘ und ‘It was like a war zone‘ meiner Meinung nach ganz gut auf den Punkt (Beitrag).
Wenn ihr plausible Erklärungen oder Ideen für diese unnatürlich gehäuften Zufälle habt, lasst es mich gerne wissen. Besser noch, wenn ihr dazu weitere Quellen beisteuern könnt.