© Spurensucher - 07. Januar 2020

Vintage-Sensation: Mond-Aufnahme von 1865

 Vogel_Moon

 

photo by Lewis Morris Rutherfurd, Vogel Moon, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Diese Abbildung hier ist nur eine Reproduktion der Originalaufnahme und darum gehen hier einige Details verloren. Gestochen scharf findet Ihr die Mondaufnahme 1865 durch Rutherfurd auch über diesen Bild-Link in besserer Auflösung.

 

800px-Rutherfurd_Lewis_MorrisWenn Anwalts-Promis des 19. Jahrhunderts urplötzlich zu Astronomen werden: Lewis Morris Rutherfurd war Enkel eines US-Senators und Urenkel von Lewis Morris, dem Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung. Später heiratete er Margaret Stuyvesant Chanler (1820–1890), die Tochter eines anglikanischen Bischofs. Die Dame hieß Margaret Stuyvesant Chanler und war die Nichte und Adoptivtochter von Helena (geborene Rutherfurd) Stuyvesant und Peter Gerard Stuyvesant (1778–1847), dem zweifachen Urenkel von Peter Stuyvesant , dem letzten niederländischen Generaldirektor von Neu Holland. Nach ihm wurde später die berühmte Zigarettenmarke benannt. Den illustren Stammbaum dieses Wunderkindes mag man sich unter Link einmal näher ansehen.

 

Zufälle gibt’s. Manch einer wird denken, dass es damals fast nur Promis gab – wahrscheinlich lebten damals nur weniger Menschen und damit sei dies auch völlig logisch … ;-)

 

Bild: Unknown authorUnknown author, Rutherfurd Lewis Morris, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Links im Bild: Rutherfurd; Wikimedia Commons; Link

 

1849 gab Rutherfurd sein Jurastudium auf, um seine Freizeit der Wissenschaft, insbesondere der Astronomie, zu widmen. Er leistete Pionierarbeit in der Spektralanalyse und experimentierte mit der Himmelsfotografie. Er erfand Instrumente für seine Studien, darunter den Mikrometer zur Messung von Fotografien, eine Maschine zur Herstellung verbesserter Beugungsgitter und das erste speziell für die Astrofotografie entwickelte Teleskop.

 

Rutherfurd produzierte mit seiner Instrumentierung eine hochwertige Sammlung von Aufnahmen von Sonne, Mond und Planeten sowie von Sternhaufen und Sternen bis zur fünften Größenordnung. Im Jahr 1862 begann er mit seinem neuen Beugungsgitter spektroskopische Studien durchzuführen. Er bemerkte verschiedene Kategorien von Spektralklassen von Sternen, die Angelo Secchi 1867 erweiterte, um eine Reihe von vier Sternenklassen aufzulisten. (Info-Quelle: Wikipedia). Nach ihm wurde später auch noch ein Mondkrater benannt.

 

Rutherford-Krater auf dem Mond; Foto: © James Stuby based on NASA image, Rutherford crater 4130 h3, CC BY-SA 4.0

 

Rutherford_crater_4130_h3

 

Eines seiner berühmtesten Werke dürfte die Aufnahme der Mondoberfläche sein. Man kann schon staunen, wie er das wohl vor 155 Jahren hinbekommen haben soll. Jemand in einem Blog schrieb: „Diese Art von Details bekomme ich bei meiner Nikon P900, die ich 2017 gekauft habe. Wie zum Teufel konnte ein Anwalt am Ende des Bürgerkriegs den Mond mit so viel Klarheit fotografieren? Das ist absurd.“

 

Im selben Jahr hält Abraham Lincoln seine zweite Antrittsrede 1865; siehe auch unter Wikimedia Commons; Link 


Ich habe dann mal nachgesehen und mich nebenbei auch etwas gewundert. Wir hätten hier zum einen eine 25 Jahre ältere Fotografie, angeblich die erste astronomische von John W. Draper, eine sogenannte „Daguerreotypie“. Sie entstand am 26. März 1840 von der Dachsternwarte der New Yorker Universität aufgenommen. So in etwa hätte ich mir das eigentlich auch für 1865 vorgestellt: Eine schemenhaft kreisrunde Kontur mit Sichel auf der linken Seite und jede Menge Bildfehler. Erinnert an die Afri Cola Kampagne von 1968. Die Daguerreotypie war das erste fotografische Verfahren, das 1839 eingeführt wurde. Um eine Daguerreotypie herzustellen, musste der Daguerreotypist nacheinander folgende Schritte durchführen: Polieren (die Silberseite der Platte), Sensibilisierung, Belichtung, Entwicklung ( zur Sichtbarkeit) und Fixierung. Reichlich aufwendig, möchte man meinen.

 

John_W_Draper-The_first_Moon_Photograph_1840

Sieht im ersten Anlauf aus wie die Phantasien aus einem LSD-Trip: Draper's erster Versuch;

Wikimedia Commons, John William Draper creator QS:P170,Q472490, John W Draper-The first Moon Photograph 1840, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Etwas besser gelang es Draper mit dem Mond in einem weiteren Versuch 1840. Sein Bild war zwar immer noch unscharf, aber immerhin. 

 

La primera fotografía de la Luna (1840)  

 

Abbildung Flickr-Link; Mit Klick auf die Abbildung auf die Bildquelle; © Recuerdos de Pandora; Titel: La primera fotografía de la Luna (1840) 

 

OK, dann gab es noch weitere Aufnahmen im 19. Jahrhundert, die uns bekannt sind und die der Trockenplattenfotografie zuzuordnen sind. Diese wurde allerdings erst 1871 eingeführt und ließ die Astrofotografen weitere Versuche starten: Den Dreiecksnebel M33 (1899), Das erste Bild des Orion-Nebels 1880 oder die Spiralgalaxie Messier 81. Kümmerliche Ergebnisse, die eher unscharf und matschig daher kommen. (Quelle).

 

Ich frage mich/Euch, ist ein solches Foto im Zeitalter der Daguerreotypie zu dieser Zeit möglich gewesen? Ich hörte mal, man für „normale“ Daguerreotypie zu dieser Zeit 60-90 Sekunden Belichtungszeit benötigt hatten. Wie kann man da eine solche Schärfe erreichen? Heute im Zeitalter der Digitalkamera bekommt man das evtl. mit einer Belichtungszeit von 1/200 Sekunde, F11, ISO 100 hin, ein einigermaßen scharfes und gut belichtetes Bild des Mondes zu bekommen. Alles was länger dauert als 1/30 Sekunde dürfte schärfetechnisch wohl eher daneben gehen.

 

In einer anderen Quelle heisst es, dass das Teleskop aufgrund der langen Belichtungszeit samt fotografischem Medium der Bewegung des Mondes nachgeführt werden musste. Rutherfurd soll hierfür auch ein neues Trägermedium (Kolloidemulsion) für die Fotografien verwendet haben. Da dies jedoch nicht weiter erklärt wird und in meinen Augen noch realitätsferner klingt, belasse ich es vorläufig bei dieser irritierenden Aussage.