© Spurensucher - 22. September 2018

Unter die Räder gekommen: Menhir von Weilheim

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Der Menhir von Weilheim – auch Weilheimer Stele genannt – ist ein seltenes Exemplar seiner Gattung. Zunächst sei es nördlich der Alpen der einzige, wird häufig behauptet, was aber nicht ganz richtig ist. Ich weiss von mindestens einem weiteren im Schwarzwald. Die meisten davon sind jedoch tatsächlich in den letzten 2.000 Jahren der kath. Kirche zum Opfer gefallen.

 

Das Vermächtnis aus Stubensandstein wurde 1985 bei Bauarbeiten gefunden - allerdings in zwei großen und weiteren kleinen Teilen. Was wir hier sehen ist leider kein Original, sondern ein Replikat. Das Original steht im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz. Offenbar hat der ursprünglich etwa 4,50 m hohe Menhir kräftig unter der Ausgrabung oder der horizontalen Lage unter der Erde gelitten. 

 

3D-Simulation der markanten Darstellungen auf dem Menhir:

 

 

Vielleicht umgespült?

Das Original befand sich 50 Meter entfernt (Hausbau im Herrenweg 15) vom jetzigen Aufstellungsort des Replikates, was recht schade ist. Bezüglich der genauen Ausrichtung kann man heute demnach nur spekulieren. Wodurch ein Großteil der markanten Beschädigungen zustande kamen – ob durch die Bauarbeiten oder durch eine urzeitliche Überschwemmung, ist die große Frage. Man muss sich ohnehin die Frage stellen, wie ein solcher Felsen in die Horizontale gebracht wurde und immerhin 1,50 Meter Tiefe in dunkler toniger Schicht in der Erlde lag.
Das überliegende Erdreich hat man dem südlich gelegenen Höhenzug "Rammert" zugeordnet, was von dort aus abgeschwemmt wurde. Ein Indiz für eine große Flutwelle? Der Stein stammt übrigens ebenfalls von dort.

Markante Reliefs

Seitens der Archäologie will man auf der Vorderseite des Menhirs die Gravuren von 5 Stabdolchklingen mit kurzem Schaft ausgemacht haben (ich sehe nur 4). Daneben findet man eine ovale Scheibe, die man mit der Mondsichel in Verbindung bringen könnte.
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Die Seite des Menhirs mit der flaggenähnlichen Formation, die als Stabdolche interpretiert werden. Rechts davon die Mondsichel.
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Rückseite des Menhirs mit petroglpyhenähnlichen Kerben, denen man bis heute keinen rechten Sinn zuordnen kann.
Nach Untersuchungen wurde das Relief mit einem spitzen Werkzeug aus der Oberlfäche ausgearbeitet und teilweise überschliffen. Auf der Rückseite findet man näpfchenartige Vertiefungen und scheinbar willkürlich positionierte Rillen. Die Wissenschaft wird ganz lebhaft, wenn sie sich auf die Identifikation solcher Stabdolche festlegt. Man glaubt, dem Menhir diesbezüglich ein Alter zuordnen zu können, da Stabdolche in der frühen Bronzezeit vorkamen. Funde solcher Klingendarstellungen hatte man auch schon bei Montecchio in Oberitalien gefunden. Unabhängig davon, ob man bei der Deutung dieser Zeichen richtig liegt, wurde auch die Frage nicht gestellt, ob die Gravuren in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung dieses Menhirs standen. Immerhin ist nicht auszuschließen, dass diese weitaus später eingearbeitet wurden. Selbst eine endgültige Datierung dieser Stabdolche wäre – wenn sie im direkten Zusammenhang mit dem Menhir stünde – nicht vorzunehmen, da man nicht weiss, wie lange es diese Stabdolche überhaupt schon vorher gab. Stabdolche oder ähnliche Konstruktionen sind nämlich – je nach Material – seit der Uhrgeschichte bekannt.
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Sämtlichen groben Kerben und Kanten am Menhir, insbesondere auch die parallelen Rillen im oberen Abschnitt sind angeblich moderne Beschädigungen. Schade, dass man das heute nicht mehr überprüfen kann … Sollten die zwei Streifen oben das Ergebnis einer Baggerschaufel gewesen sein.