© Spurensucher - 10. August 2017

Ausgegraben: Runde Sache auf Finca 6

Forscher in Costa Rica haben vor kurzem eine von mehreren zu 96 % "perfekt runde" Steinkugel (sogenannte Sphere) ausgegraben – genaugenommen an einem präkolumbianischen archäologischen Standort, der als "Finca 6" gekennzeichnet wurde. Dabei handelt es sich um einen intakten Wohngebäude-Bereich präkolumbianischen Ursprungs mit umliegenden Steinkugeln. Einige dieser "Spheres" sind auch noch im Erdreich. Teilweise dringen sie durch die Erdoberfläche und sind deshalb überhaupt erst sichtbar. Es soll sich dabei um die zweite archäologische Stätte nach Guayabo in Costa Rica handeln.

 

Parque_de_las_Esferas_de_Costa_RicaAxxis10, Parque de las Esferas de Costa Rica, CC BY-SA 3.0

 

Einige der in der Finca 6 gefundenen Steinkugeln befinden sich in der Obhut des Nationalmuseums von Costa Rica. 

 

"Wir haben das Gelände studiert, in dem es mehr als 15 dieser Spheres gibt – einige sind an Zugängen zu (ehemaligen altertümlichen) Wohngebäuden platziert – so, als hätten sie dort als Begrüßungscharakter. Sie wurden als Hierarchie-Symbole und zur ethnischen Unterscheidung verwendet ", erklärt Archäologe Francisco Corrales des Nationalmuseums von Costa Rica.

Nicht nur Wissenschaftler wissen, dass die Steinkugeln sehr einzigartige kulturelle Manifestationen der präkolumbianischen Ära von Costa Rica sind und hauptsächlich im Südosten des Landes vorkommen – vor allem in der Delta-Ebene von Diquis. Manche behaupten, dass hierfür Vorgänger der Boruca-Kultur verantwortlich sind.

 

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Rodtico21, Stone spheres of Costa Rica. Reventazon River view, CC BY-SA 3.0

 

Man sagt, dass sich diese massiven Spheres nicht nur in wichtigen Siedlungen befanden, sondern dass sie spezifische Formationen oder Ausrichtungen vorweisen. Wissenschaftler behaupten, dass sie Bestandteil der architektonischen Hauptstrukturen waren, um das Prestige eines Ortes und die Position der Macht der Führer zu stärken.

Die große Menge dieser Skulpturen, deren glatte Oberfläche, ihre nahezu perfekte Rundung, die Vielfalt der Größen, sowie der Herstellungsprozess, die Symbolik und die Verwendung im öffentlichen Raum machen sie zu außergewöhnlichen archäologischen Artefakten.

Das erklärt natürlich noch lange nicht, wie diese Spheres hergestellt wurden und ob sie nicht schon vor der Zeit der präkolumbianischen Bauwerke existierten. Man ist dennoch davon überzeugt, dass die Herstellung der Spheres erst 300 nach Chr. vorgenommen wurde.

"Es ist eine unglaubliche Gelegenheit, diese einzigartigen Objekte zu studieren – insbesondere die fünf teilweise vergrabenen Spheres in der archäologischen Zone Finca 6", sagt der mexikanische Archäologe und Forscher Isabel Medina.

"Wir fanden Werkzeuge in der Nähe der Spheres sowie Instrumente, die verwendet wurden, um den Stein zu glätten. Die Spheres bestehen aus unterschiedlichen Materialien: Granit und Gabbro, Kalk- oder Sandstein, meist jedoch Gabbro", erklärt Corrales. 

John Hoopes, ein Anthropologe von der UNESCO, unterstützt die These der manuellen Fertigung über einfache Werkzeuge, für die es allerdings bis auf die Funde von Werkzeugen keine näheren Beweise oder direkten Bezüge zu den Steinen gibt. Dazu müsste man vor allem auch diese Werkzeuge erst einmal sehen, was offenbar mit einem Besuch des Nationalmuseums von Costa Rica (wenn überhaupt) erst möglich sein dürfte. 

Holzwerkzeuge dienten ihrer Ansicht nach der Kontrolle der perfekten Rundung, Sand als Schleifmittel wurden dazu verwendet, die Oberflächen zu glätten bzw. zu polieren. Allgemein gibt es Spheres von wenigen Zentimetern bis hin zu 2,66 Metern Durchmesser, die bis zu 25 Tonnen wiegen. 

 

Der Rohstoff befindet sich in den Ausläufern der Cordillera Costeña, wie man bereits weiss. Von dort wurde das Material oder die halbfertige Skulptur an Ort und Stelle gebracht, wo sich die Kugeln befinden, um sie dort fertigzustellen.

Es ist unbekannt, wie die Altvorderen die Steine ​​transportierten, aber der Wissenschaft leuchtet es ein, dass es sich dabei um eine komplexe logistische Leistung handelt. Es wird davon ausgegangen, dass ein hohes Personalaufkommen, die Verwendung von Hebeln etc. so etwas überhaupt erst möglich machte.

Viele der Spheres wurden von ihrem ursprünglichen Standort entfernt, womit wertvolle Informationen über ihre Herkunft sowie ihre vorgesehene Verwendung verloren gingen.

Die Beobachtung des isolierten Objekts ohne sozialen Kontext brachte eine Reihe von Mythen und Spekulationen ins Feld.

Manche denken erneut an Aliens, die sie erschaffen haben, andere an Spuren des untergegangenen Atlantis oder Dimensionsportale.

Die Anthropologen Ivar Zapp und George Erikson behaupten, dass die Spheres Beweise dafür sind, dass sich im Diquis-Delta einst eine große Zivilisation in Meeresnähe niederließ. Sie vermuten, dass die runden Steine als Navigionsinstrumente verwendet wurden und auf megalithische Stätten wie die Säulen von Hercules (Gibraltar), die Pyramiden von Ägypten, Stonehenge oder die Osterinseln ausgerichtet waren.

 

Bildquellen und weitere Informationen:

http://www.museocostarica.go.cr/index.php?option=com_content&task=view&id=1850&Itemid=65