© spurensucher - 15.05.2021

Hochgestapelt: Zyklopenmauern bei Weil der Stadt

 

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Vor etwa 2 Jahren hat Bernd Krautloher die Zyklopenwand hinter einem unscheinbaren Parkplatz an einer Landstraße bei Merklingen aus ihrem Dornröschenschlaf "wachgeküsst". Ein menschliches Bedürfnis hatte ihn damals dazu bewogen, den unwirtlichen Zugang zu einem vergessenen Mini-"Canyon" zu suchen. 

 

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Gang über die Bergkuppe, erste große Felsen gilt es zu überwinden.

 

Unscheinbarer Blick von oben

 

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Erste Hinweise auf ausgeschwemmte Mauer- oder Felsbaustrukturen in steiler Hanglage

 

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Unten angekommen: Die etwa 7 Meter hohe "Zyklopen"mauer auf einer der beiden Seiten.

 

Man könnte auch von einem absoluten Zufall oder einer Schicksalsfügung sprechen. Freigeräumte Zugänge gibt es zu diesem Areal nicht. Man muss schon gewillt sein, eine kleine Anhöhe von etwa 20 Metern zu erklimmen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Oben angekommen befindet man sich auf einer Bergkuppe, deren dichte Vegetation den Blick auf die andere Seite des inneren Bergrückens zunächst erschwert. Ist man allerdings motiviert genug, folgt man der Bergkuppe und findet seitlich einen Abgang hinunter. Vielleicht nicht langgezogen genug für ein echtes Tal, jedoch verwunschen genug, um darin mit geöffnetem Mund die Blicke schweifen zu lassen. Was wir dort vorfinden, ist absolut unglaublich und so ziemlich das Unerklärlichste, was ich dieses Jahr mit eigenen Augen sehen durfte.

 

Die gegenüberliegende Seite ist etwas zugewachsener

 

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Die Kopfseite des Ganges, soll hier etwa die mögliche Abbruchwand gewesen sein?

 

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Freigelegte Felsblöcke in Quadern übereinander

 

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Links und rechts einer ursprünglichen "Abbruchwand" vor Kopf (ich setze sie mal in Anführungsstriche, da man hierüber geteilter Auffassung sein kann), befinden sich tonnenschwere aufgetürmte Felsen entlang eines etwa 4-5 Meter breiten Ganges. Wenn ich hier von einer Zyklopenwand spreche, ist das eher mißverständlich. Erstens einmal befinden sich zu beiden Seiten zweier gegenüberliegender Bergkämme insgesamt zwei Mauern, zweitens sind diese womöglich Teil einer komplexeren Anlage gewesen. Für sich alleine gesehen machen sie ja überhaupt keinen Sinn.

 

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Selbst als Giganten-Mauer erscheint mir die Trockenbau-Struktur dieser "Wand" untypisch. Viel zu große Zwischenräume, keine einheitliche Formatanpassung der Blöcke, teilweise auch die Verwendung/Integration von eher unpassenden spitz verlaufenden Hochformaten.

 

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Die Felsen sind jeweils etwa bis zu 7 Metern hoch aufgetürmt und dienten sicherlich der Befestigung oder (vielleicht sogar nachträglichen) Tarnung einer Struktur, die man heute mit bloßem Auge nicht mehr kann. Die Reliefkarte des Geoportals Baden-Württemberg bestätigt den exponierten Bergrücken, lässt aber zunächst auch keine künstlichen Strukturen erkennen. Man muss schon vor Ort sein, um sich davon ein Bild davon zu machen.

 

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Fast gewinnt man den Eindruck, dieses gigantische Mauerwerk sei lediglich dazu errichtet worden, Bergzugänge zu versperren. Als klassische Befestigung wirken sie eher "unsauber", da man ja hätte leicht an ihnen hochklettern können. Sämtlichen Spekulationen sind Tür und Tor geöffnet.

 

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Der monströse Felsen der unteren Bilder wird von kleineren unterlegten Felsen gestützt, vermutlich um nicht allzu sehr nach vorne zu kippen und dadurch die Statik der darüberliegenden Giganten zu gefährden.

 

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Die aufeinander gestapelten Sandsteinblöcke sind jeweils x-fach tonnenschwer und wurden aus meiner Sicht auf eine Weise übereinandergestapelt, dass man meinen könnte, die Intention dahiner wäre weitaus eher zweckmäßig als künstlerisch oder ästhetisch gewesen. Ein Trockenmauerwerk in gewohntem Umfang hinterlässt nicht so riesige Zwischenräume, Vorsprünge und unterschiedliche Formate. Keiner dieser Riesenfelsen ist auf seine endgültige Verwendung in dieser Form "vorbereitet" worden.  Mal sind die Felsen rechteckig und flach, mal hochformatig oder nahezug quadratisch. Vor meinem geistigen Auge sehe ich magische Hände, die überall verstreute Felsen, die womöglich zuvor Bestandteile eines Großbauwerks waren und vielleicht vor 8-10.000 Jahren nach einem kataklystischen Ereignes den Naturgang unzugänglich machten, durch Levitation hochschweben, seitlich aufgestapelt wurden und so den Mittelweg frei räumen. Vermutlich völliger Quatsch, aber wer kennt schon des Rätels Lösung.

 

Immer wieder auffallende Aussparungen auch an dem Abschnitt, den man als Abbruchwand identifizieren könnte.

 

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Bei näherem Hinsehen gibt es zahlreiche Hinweise darauf, bei diesem Prozess Technik im Spiel gewesen ist. Zumindest ist das Auge gewohnt, Regelmäßigkeiten und Symmetrien zu hinterfragen. Davon gibt es immerhin einige, die jedoch noch weitere Fragen aufwerfen.

 

Keine Einrichtung von gestern (eher von vorgestern)

 

Zunächst zur Idee, dass alles auch in jüngerer Zeit entstanden sein könnte. Kann man getrost ad acta legen, da sich bereits zwei wichtige Punkte ausräumen lassen:

 

Technische Machbarkeit

Ein Fachmann für Schwertransporte und Lastkräne hat bereits nach einer Ortsbegehung festgestellt, dass es aufgrund der beengten räumlichen Situation absolut unmöglich ist, in dieses Gelände das erforderliche schwere Gerät zu verfahren, aufzustellen und anschließend in gebührender Weise zu operieren. Alleine schon die Auslieger solcher Kräne würden hierfür nicht den nötigen Raum vorfinden. Mit normalen Kränen wären die nicht zu heben gewesen, bei dieser Gewichtsklasse (teilweise bis zu ca. 30 Tonnen) bedarf es besonderer Schwerlastkräne.

 

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Minimum-Datierung

Ein Botaniker hat bereits die Flechten auf den Steinen analysiert und festgestellt, dass diese mindestens 160 Jahre alt sind. Es handelt sich wohl um sogenannte Landkartenflechten, deren Wachstum etwa 0,3 mm pro Jahr beträgt. Auf diese Weise kann man getrost davon ausgehen, dass die Technologien spätestens kurz nach Beeindigung der sogenannten industriellen Revolution hätten zum Einsatz kommen müssen, um die Felsen dort zu stapeln. Man darf sich also fragen, ob um 1860 herum bessere Technologien existierten als heute, um so etwas zu bewerkstelligen. Die Antwort liegt im Grunde auf der Hand (es sei denn, wir wissen über das 19. Jahrhundert und den damals verfügbaren technischen Möglichkeiten viel weniger, als wir heute glauben zu wissen).

 

Seltsamerweise ist der wenige hundert Meter nah entfernte Nachbar, der einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält und dort auch angeblich aufgewachsen ist, nicht darüber im Bilde, was sich hinter dem 20 Meter hohen Bergrücken verbirgt. Man muss sich fragen, ob hier bewusst "gemauert" wird, oder ob er hier nur mit verbundenen Augen als Kind gespielt hat. Vielleicht empfiehlt es sich, noch andere Nachbarn der Gegend zu befragen. 

 

Auffällige Bohrungen

 

An zahlreichen Stellen weisen die Felsen, die teilweise um die 30 Tonnen wiegen dürften, markante Bohrrillen auf. Die Verläufe sind recht interessant: In der Regel verlaufen sie parallel von oben nach unten, doch teilweise auch in Gegenrichtung. Und das bei Felsen, die über ein gigantisches Gewicht verfügen. Hat man sie dann beim Stapeln "einfach" umgedreht? Außerdem finden sich dort auch Querbohrungen, die auf Längsbohrungen stoßen. Interessanterweise sind die Bohrkörper offenbar von unterschiedlichen Durchmessern, da die Bohrlöcher auch eine teilweise bis zu 1 cm abweichende Breite haben. Mitunter verlaufen sie auch nicht durchweg gerade, sondern wirken wie leicht "gebogen" oder zumindest deutlich "abgelenkt".

 

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Meßtechnisch gibt es Abweichungen bei den Bohrkanälen. 5 mm bis 1 cm sind da keine Seltenheit.

 

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Auf den ersten Blick sehen die Bohrkerben gradlinig aus. Bei näherem Hinsehen finden wir jedoch auch Andeutungen von "Schlangenlinien".

 

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Bohrung von unten nach oben. Auf dem unteren Bild seht Ihr den Felsen in seiner Gesamtgröße.

 

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Symmetrische Bohrungen in etwa 6-8 Metern Höhe an der Unterseite eines vorstehenden (vermutlich bearbeiteten) Felsens. Sind dies die Bohrlöcher in Vorbereitung zu einem unvollendeten Abbruch? Diese sehen mir jedoch aus der Entfernung größer aus als die gemessenen 30-35 mm Durchmesser.

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Mineralien, die dort nicht hin gehören

Mindestens an einer Stelle befindet sich ein Felsen, der dort geologisch nicht zur Sandstein-Anlage passt. Es handelt sich um Gneis, mittelharte Gesteinssorte (Mohshärte 3), ein vorläufiges Einzelexemplar. Das muss von außerhalb hergeschafft worden sein. Woher, ist erst einmal unbekannt. Ein absolutes Mysterium. Der Fund ist bereits von einer Geologin bestätigt worden.

 

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Bernd zeigt auf den oberen Stein des Mauerabschnittes, um uns den Gneis zu zeigen. Dieser ist auch mit auffällig zahlreichen parallel verlaufenden Bohrrillen versehen.

 

Es gibt also wieder völlig unterschiedliche Überlegungsansätze. Frage Nummer 1: Woher kommt das ganze Material? Vor Kopf des Bergganges ("Mini-Canyons") befindet sich eine mögliche Abbruchstelle. Ob der Großteil des Gesteins von dieser Seite oder einem Seitenarm stammt, ist wohl noch ungewiss. Fraglich ist auch, ob die aufgetürmten Mengen seitlich des Gangs mengenmäßig zu dieser Stelle passen. Frage Nummer 2: Wie ist das Material (mit welchen Technologien) verarbeitet und – vor allem – gestapelt worden.

 

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Untersuchung einer seltsamen Grube

Am Rande der Anlage befindet sich eine merkwürdige Senke, bei der es sich ursprünglich um alles mögliche handeln könnte. Auszuschließen ist ein herausgezogener Baum, dafür ist das Loch vom Durchmesser zu groß und vor allem auch zu tief. Vielleicht war es einmal ein verborgener oder tiefgelegter Zugang, der nicht gründlich genug zugeschüttet wurde und wo die Erde langsam "nachsackt".

 

Einmal in der 3-4 Meter tiefen Grube, sieht man spontan gerade Kanten, die auf technische Bearbeitung hinweisen. Dieser Abschnitt wird immer spannender, je tiefer man krabbelt.

 

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Auffällig dabei sind nach näherer Untersuchung die Randfelsen in der Tiefe der Grube, die unterhalb glatt und sauber abgeschnitten wurden. Ich tippe einmal darauf, dass die ursprüngliche Höhe eines ehemaligen Gesamtbauwerks, das auch möglicherweise mit den beiden Bergkämmen zusammenhängt, weitaus größer war als wir es hier sehen. Möglicherweise befinden wir uns in aktueller Bodenhöhe bereits auf Etage 2 oder 3 eines Bauwerks, das ursprünglich viel weiter in die Tiefe geht. Ein Phänomen, das uns ja immer wieder begegnet.

 

Tiefster Punkt der Grube: Glatte Unterseiten der Felsen, die sich getrennt voneinander auf gleicher Höhe befinden. Sehen aus wie abgeschliffen.

 

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Selbst die Vorderseite des Natursteins in der Grube ist so glatt und eben wie die Vorderfront eines unterirdischen Bunkers. Absolut bemerkenswert.

 

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Diese gesamte Anlage bzw. der innenliegende Gang liegt auf dem gleichen Breitengrad wie das sogenannte "Naturtheater" in Renningen, das ich bei meinem letzten Aufenthalt auch besucht hatte. Die Koordinaten dieser Anlage gebe ich persönlich nicht preis, vermittle jedoch gerne den Kontakt zum Entdecker.

 

Hier auch noch ein schönes Video zur Location, um einen übergreifenden Eindruck zu erhalten.